Blutegeltherapie

Die Blutegeltherapie in der Naturheilpraxis zählt zu den ältesten medizinischen Verfahren der Menschheit und gehört zu den sogenannten ausleitenden Verfahren. Der älteste Nachweis darüber findet sich in einer 4000 Jahre alten Schrift aus Mesopotamien. Der Blutegel (Hirudo medicinalis) wird speziell für medizinische Zwecke gezüchtet. Das Prinzip der Blutegeltherapie beruht auf dem lokalen Aderlass (ein seit der Antike bekanntes Verfahren) und auf der Wirkung spezifischer Blutegelwirkstoffe, sogenannte bioaktive Stoffe (wie Hirudin und Eglin). Bei der Behandlung werden die Tiere auf die Haut des Patienten gebracht. Je nach Erkrankung und Beschwerdebild können unterschiedlich viele Blutegel zum Einsatz kommen.

Das Verfahren

Da Blutegel besonders empfindlich auf Gerüche und Ausdünstungen durch die Haut des Patienten reagieren, sollten Sie vor der Behandlung auf Alkohol, Nikotin, Medikamente und Duftstoffe (z.B. Parfüm) verzichten. Die Behandlung findet in einer entspannten Umgebung statt. Die Blutegel werden dann direkt auf die gewünschte Stelle aufgesetzt. Die Saugdauer ist unterschiedlich, von 30 Minuten bis 1,5 Stunden. Haben die Blutegel eine gewisse Sättigung erreicht, lösen sie den Sog von selbst. Circa. 20-30 Minuten nach der Behandlung werden die Wunden mit Watte und Zellstoff verbunden. Die Behandlung erfolgt meist über einen Zeitraum von einer halben bis zwei Stunden. Je nach Indikation und Lokalisation erfolgt die Therapie mit ca. 4-8 Blutegeln. Zur Optimierung des Erfolges sollte die Therapie wiederholt werden. Ein Blutegel wird nur einmal verwendet, da sonst eine mögliche Infektionsgefahr (z.B. von Hepatitis oder HIV) für andere Patienten bestehen würde. Blutegel gehören zu den Arzneimitteln, weshalb der Umgang mit ihnen streng geregelt ist. 

Folgende spezielle Blutegelwirkstoffe sind wertvoller Bestandteil der Therapie:

  • Hirudin (Thrombininhibitor) – wirkt antithrombotisch (gegen Bildung von Thrombosen), fibrinolytisch (gerinnungshemmend), immunisierend, lymphstromfördernd, antibiotisch und diuretisch (fördert die Harnausscheidung); die lokale Vasodilatation (Gefäßerweiterung) wirkt spasmolytisch (krampflösend)
  • Eglin – wirkt hemmend auf Proteasen (Enzyme die Proteine (Eiweiß) spalten)
  • Bdellin – ein Plasminhemmer (Plasmin ist ein Enzym, das Bestandteile von Blutgerinnseln abbauen kann)
  • Hementin – wirkt hyperämisierend (durchblutungsfördernd)

Mögliche Komplikationen:

  • Verlängerte und starke Nachblutung
  • Juckendes Erythem (flächenhafte Hautrötung) um die Bissstellen 
  • Wundinfektion (z.B. Erysipel/Wundrose) 
  • Vorübergehender Gelenkerguss
  • Lokale Schwellung
  • Regionale Lymphadenopathie (Lymphknotengrößerung)
  • Pigmentstörungen
  • Kleine Papel (Knötchen) oder/und Vernarbungen an der Bisstelle

Ihr Nutzen:
Die Blutegeltherapie ist ein bewährtes Naturheilverfahren, welches eine sinnvolle Ergänzung zur schulmedizinischen Behandlung und Therapie darstellt.

​​​​​​​Indikationen (Anwendungsgebiete)

Erkrankungen des Bewegungsapparats (die schmerzstillende Wirkung ist beeindruckend):

  • Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
  • Arthritis (entzündliche Gelenkerkrankung)
  • Arthrose (Gelenkverschleiß)
  • bei Gonarthrose (Kniegelenksarthrosen), Rhizarthrose (Daumensattelgelenk) sowie bei Sprunggelenksarthrose zeigt die Behandlung gute Erfolge

Venöse Erkrankungen:

  • Akute und chronische Thrombophlebitiden (oberflächliche Venenentzündung)
  • Posthrombotisches Syndrom (PTS) mit begleitenden Stauungsbeschwerden
  • Stauungszustände vom Lympfgefäßen und Venen 

Weitere Indikationen: 

  • Akute und chronische Otitis media (Mittelohrentzündung) 
  • Kopfschmerzen, Migräne
  • Unterstützend bei Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Klimakterium (Wechseljahre)
  • Hörsturz, Tinnitus
  • Wundheilungsstörungen durch postoperativen (nach der Operation) Lymph- und venösen Rückstau

Kontraindikationen (Gegenanzeigen):

  • Hämorrhagische Diathesen (krankhaft gesteigerte Blutungsneigung) bzw. Hämophilie ("Bluterkrankheit")
  • Blutgerinnungsstörungen durch Medikamente (z.B. Marcumar®)
  • Anämie (Hb < 10 g/dl), d.h. deutliche Blutarmut 
  • Allergien gegen Blutegel-Inhaltsstoffe (Hirudin, Histamin, etc.)
  • Akute Magen- oder Darmgeschwüre
  • Ausgeprägten Wundheilungsstörungen (z.B. bei schlecht eingestelltem Diabetes mellitus)
  • Fortgeschrittene periphere Gefäßerkrankungen (pAVK ab Stadium III)
  • Gangrän – ischämische Nekrose (Gewebsuntergang) durch fehlende Durchblutung
  • Schwere Immundefizienz/Immunschwäche (AIDS, Chemotherapie)
  • Schwere chronische Erkrankungen (z.B. Krebserkrankungen im fortgeschrittenen Stadium)

Vor der Therapie:

  • Acetylsalicylsäure (ASS) sollte sieben bis zehn Tage vor einer Behandlung nach Rücksprache mit dem Arzt abgesetzt werden